11.1.08

Sô lâ mir den lîp...

In Hartmann von Aues Arthusroman "Erec"trifft der titelgebende Held auf einer seiner aventiuren auf einen kleinen Ritter, mit dem er sich sogleich zu schlagen beginnt. Nachdem er sich nach einiger Zeit souverän gegen den Kleinen durchgesetzt hat, stellt sich dieser als "künec über Îrlant, Guivreiz le pitîz genant" vor und bittet um sein Leben:

'nein', sprach er, 'ritter guot,
durch dînen tugenthaften muot
unde durch dîn schoene wîp
sô lâ mir den lîp
und êre got an mir.

Etwas freier übersetzt also: "Warte, guter Ritter - deine Frau sieht so gut aus, lass mich am Leben!" Abgesehen von der unnötigen Gewalt, den die beiden wohl unzureichend gesellschaftlich integrierten Schläger propagieren indem sie durch das Land reisen und sich mit jedem prügeln, der nicht bei drei auf den Bäumen ist - was ist das denn bitte für eine Argumentation? Enite (Erecs wunderschöne Frau) ist schließlich einer der Gründe, weshalb die beiden aufeinander los gehen (Guivreiz der Kleine möchte sie gerne für sich selbst, gleichzeitig sind die beiden Recken auch noch so tapfer und mutig, dass sie gar nicht anders können, als gegeneinander kämpfen) und wird nun plötzlich zu einem Argument in der Gnadenbitte des Irischen Königs. Anstatt dem Zwerg für diesen Schwachsinn erst Recht den Kopf abzuschlagen gibt ihm Erec die Hand und beide beklagen die Wunden, die sie dem anderen geschlagen haben und sind sofort die besten Freunde.

So geht es dann die ganze Zeit weiter: Erec reitet durch die Gegend, Enite irgendwo bei sich (sie wird die meiste Zeit als Pferdeknechtin behandelt, weil sie ihn vor Räubern gewarnt hat - komplizierte Geschichte), irgendein Landesfürst (tapferer und mutiger als alle anderen) finden Enite toll und will sich mit Erec um sie schlagen. Manchmal reicht aber auch Erecs bloße Anwesenheit, ein schräger Blick oder ein unerwiderter Gruß um eine Prügelei zu provozieren. Nachdem man dann den ganzen Vor- oder Nachmittag mit den Schwertern aufeinander eingeschlagen hat überlegt man es sich dann anders - das Wetter ist zu gut, Enite zu hübsch oder beide so tapfer - und ist auf einmal dick befreundet.

Wenn es sich hierbei nicht um eine literarische Fiktion handeln würde, in dem edle und tapfere Ritter sich mutig von einem Abenteuer ins nächste stürzen könnte man auch meine, ein paar intellektuell eher benachteiligte Muskelprotze lassen lieber die Schwerter sprechen anstatt zu viel zu quatschen, fühlen sich durch die Schlägerei auch noch in ihrer "Ehre" bestärkt und sind auch sofort bereit sich nach der zünftigen Klopperei wieder zu versöhnen. "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich...."

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