1.9.06

Grinchige Gedanken

"The nerve of those Whos. Inviting me down there - and on such short notice. Even if I wanted to go my schedule wouldn't allow it. Four o'clock, wallow in self pity; 4:30, stare into the abyss; 5:00, solve world hunger, tell no one. 5:30, jazzercize. 6:30, dinner with me. I can't cancel that again. 7:00, wrestle with my self-loathing; I'm booked. Of course, if I bump the loathing to 9 I could still be done in time to lay in bed, stare at the ceiling and slip slowly into madness. But what would I wear?" (the Grinch)
Eine beunruhigende Bewunderung für den Grinch, jenen durch Jim Carrey verkörperten, grünhaarigen Anti-Weihnachts-Alf erfasst mich heute Abend. Die Verachtung für kleingeistige, spaßfixierte und selbstverliebte Humanoide scheint uns zu Brüdern im Geiste zu machen. Während die Arbeitsmotivation durch den gestrichenen Urlaub noch einmal einen Negativschub erhalten hat, verstärkt sich das Gefühl alleine zwischen Spaßzombies zu weilen, die ihr Leben mit rechtschaffener Arbeit, pflichtbewusstem Konsum und überflüssiger Selbstreproduktion erfüllt sehen. Eine Millionen Menschen in einer Stadt - und diejenigen, welche die Menschheit in der einen oder anderen Weise weiterbringen lassen sich wohl an einer Hand abzählen - ohne alle Finger benutzen zu müssen, wohlgemerkt. Es ist nicht so, dass ich mich selbst hier als Ausnahme sehe - als strebsamer Misantrop ist mir meine eigene Entbehrlichkeit durchaus bewusst. Was ich den geistlosen Untoten der Spaßgesellschaft vorwerfe, ist die grenzenlose Unbekümmertheit mit der sie sich dem hingeben was sie infamerweise als Leben bezeichnen, die Selbstverständlichkeit mit der sie ihren Hirntod zelebrieren, die kleinen und großen Dinge, mit denen sie die Notwendigkeit ihrer Existenz negieren.

Wenn das Lästern über Mitmenschen die Diskussion über Ideen ersetzt, wenn das Privatfernsehen als goldenes Kalb in den Fokus der Götzenverehrung rückt, wenn Gedanken nicht gedacht sondern nur übernommen werden - dann verhöhnt diese gedankenlose Lebensweise jeden, der sich tatsächlich um Verbesserungen bemüht. Fortschritt existiert nur noch als technischer Begriff, die gesellschaftliche Apokalypse wird ignoriert oder wenigstens als unabwendbar hingenommen - solche Probleme zu lösen wird den Machtbesessenen, postenverschachernden Politikern überlassen, einmal alle vier Jahre ein Kreuz zu machen reicht doch aus, die Welt ein kleines Bisschen besser zu machen.

Sollte sich, an einem dunklen Abend, in der warmen Wohnung zwischen der Tagesschau und Wetten, dass...? plötzlich das Gewissen melden, gibt es ja den Ablasshandel des Medienzeitalters, die Spendenquittungen des Roten Kreuzes oder der Aktion Mensch, die uns schwarz auf weiß versichern, dass wir gute Menschen sind...
Menschen, ich verachte euch!



"Hate, hate, hate. Hate, hate, hate. Double Hate. LOATHE ENTIRELY." (the Grinch)

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